Mehlschwalben

Unterarten: Es gibt 2 Unterarten der Mehlschwalbe. Die bei uns heimische Delichon urbica urbica sowie Delichon urbica lagopada.   

Mehlschwalbe bei der Jagd über dem Wasser – Bild: Achim Beyer

Verbreitung: Delichon urbica urbica kommt in ganz Europa mit Ausnahme von Nordost-Europas, Marokko, Algerien und Libyen vor. In Asien ist sie in Iran, Nordafghanistan, Turkestan bis zum Westen der Mongolei zu finden. 

Delichon urbica lagopada lebt in Mittel- und Westsibirien. Ihr Siedlungsgebiet reicht bis zum Gebiet des Flusses Kolyma und zum Ochotskischen Meer, im Süden bis zum Norden der Mongolei und dem Nordosten Chinas. 

Bestimmung: Die Mehlschwalbe ist die einzige bei uns vorkommende Schwalbenart, deren Körper von unten gesehen ganz weiß ist. Der Schwanz ist schwarz, gegabelt und kurz. Er besitzt keine Schwanzspieße wie der Schwanz der Rauchschwalbe. Die Oberseite des Körpers ist metallblau mit Ausnahme des weißen Bürzels (zwischen Flügeln und Schwanz). Die Flügel sind schwarz.

Rauchschwalbe – Bild: Achim Beyer

Ankunft im Frühjahr: Die meisten Mehlschwalben treffen Ende April und Anfang Mai bei uns ein. Einzelne Vögel kommen jedoch schon ab Ende März nach Rheinland-Pfalz. 

Nest und Nestbau: Schon kurz nach der Ankunft im Brutgebiet beginnen die Schwalben mit der Auswahl des Nistplatzes und mit dem Nestbau. 

Mehlschwalbe beim Nestbau – Bild: Jürgen Weidmann

Das Nest wird meist aus feuchtem Lehm, Ton,  aber auch aus Torf und einigen anderen Materialien gebaut. Die Schwalben hohlen das Material zumeist aus Entfernungen zwischen 50 und 200 Meter. In seltenen Fällen wurden Entfernungen bis zu 1 km nachgewiesen.

Die Schwalben bevorzugen zum Aufnehmen des Baumaterials Stellen an denen  einige Meter freie Sicht nach allen Seiten vorhanden sind. 

Um ein neues Nest zu bauen benötigen die Schwalben  in der Regel zwischen 690 und 1495 Klümpchen Baumaterial (Lind 1960), in einem anderen Fall waren es es gar 2775. 

Je nach der Menge des benötigten Materials, der Größe des Nestes und der Witterung benötigen die Mehlschwalben 3 bis 18 Tage für die Fertigstellung des Nestes. Feuchte Witterung erleichtert den Bau des Nestes. Bei langer Trockenheit oder bei sinkender Temperatur wird der Nestbau zeitweise eingestellt. 

Mehlschwalben sammeln Baumaterial – Bild: Achim Beyer

Das Nest wird meist mit Gras, Moos, Watte und ähnlichen Materialien ausgeplostert. 

Mehlschwalbennester sind in der Regel bis auf das Einflugloch geschlossen. Die meisten haben die Form einer Halbkugel. Öfters findet sich am Einflugloch eine röhrenartige Verlängerung. 

Brut: „Die Eiablage beginnt gewöhnlich beim ersten guten Blattlausangebot meist 1 bis 10 Tage nach der Fertigstellung des Nestes, mitunter schon ins halbfertige Nest“ (Bryant 1975). 

Legebeginn für die früheste Eiablage in Rheinland-Pfalz wurde von Mildenberger (1984) am 10.05.1971 aus dem Rheinland gemeldet. Spätbruten (Zweit- und Drittbruten) werden bis Anfang Oktober beobachtet.

Eier und Eiablage: Die Eiablage findet meist in den frühen Morgenstunden statt. Durchschnittlich enthalten die Erstgelege zwischen 4 und 5 Eiern. Die Zweitgelege haben meist drei und selten 4 Eier. Die Eier sind reinweiß, oval und glänzen schwach. Sie sind 18-19 mm lang und ca. 13,5 mm breit. Ihr Gewicht beträgt ca. 1,6 Gramm. 

Nach Ablage des ersten Eies brüten die Mehlschwalben. Am Anfang wird noch nicht sehr intensiv gebrütet. Die intensive Brut beginnt erst nach der Ablage des vorletzten Eies. Beide Partner beteiligen sich am Brutgeschäft. 

Brutdauer: Die Brutdauer beträgt in der Regel 14 bis 16 Tage. Bei schlechtem Wetter auch sehr viel länger (20 -22 Tage).

Schwalbennest in Bückeburg

Nestlingszeit: Die Jungen schlüpfen in der Reihenfolge der Eiablage, verteilt über 2 bis 4 Tage. Beim Schlupf sind die Jungen ca 1,5 bis 2 Gramm schwer. 

Am 11. Lebenstag haben sie dann oft schon ein Gewicht von über 18 Gramm, was dem Gewicht der Altvögel entspricht. 

Während der Nestlingszeit werden die Jungen zuerst im Nest von den Altvögeln gefüttert. Später findet die Fütterung dann auch am Einflugloch statt. Die Eltern füttern zwischen 12 und 40 mal in der Stunde. Dabei übergeben sie  einen Futterballen der durchschnittlich 0,2 Gramm schwer ist. Die Häufigkeit des Fütterns ist natürlich von den Anzahl der Jungen und der Witterung bedingt. Auch die Häufigkeit und die Stärke des Bettelns der Jungen hat einen Einfluß. 

Auch nach dem Ausfliegen werden die Jungen noch gefüttert. Sie kehren dann auch noch einige Zeit in das gemeinsame Nest zurück, wo sie zum Teil bis zum Wegzug in die Winterquartiere geduldet werden. 

Mehlschwalbe im Nest – Bild: Jürgen Weidmann

Die Jungen verbleiben zwischen 23 und 30 Tagen im Nest bis sie ausfliegen. Auch diese Zeitspanne wird stark von der Witterung und damit vom Nahrungsangebot beeinflußt. Ein weiterer wichtiger Parameter hierbei ist die Größe des Geleges.

Kältestarre/Torpor: In diesem Zusammenhang ist eine Fähigkeit der Mehlschwalben zu erwähnen, die auch  einige andere Vogelarten besitzen. In nahrungsarmen Zeiten mit länger anhaltender schlechter Witterung können die Jungen in eine Kältestarre (Torpor) verfallen. Die Jungen wärmen sich dann gegenseitig indem sie eine sogenannte Wärmepyramide bilden. Sie können so mehrere Tage lang ohne Nahrung auskommen. Zu diesem Zweck senken sie Ihre Körpertemperatur stark ab und sparen wertvolle Kraft und Energie.

Zweitbrut: An die erste Brut schließt sich in unseren Regionen oft noch eine zweite Brut an. Nicht selten wurde beobachtet, daß sich die Jungen aus der Erstbrut an der Fütterung der jüngeren Geschwister beteiligen. 

Mehlschwalbe im Nest – Bild: Jürgen Weidmann

Herbstzug: Ende August/Anfang September beginnt der Wegzug der Mehlschwalben. Der späteste Wegzug für Rheinland-Pfalz wurde für den 19.11.74 aus Kyll im Kreis Bitburg berichtet. (Hand & Heyne 1984). 

Die Schwalben ziehen durch Europa und Vorderasien südwärts. Im Gegensatz zu anderen Vogelarten, die bestimmte Zugwege einhalten, ziehen die Mehlschwalben auf breiter Front. Sie überqueren die Alpen, das Mittelmeer und die Sahara. 

Überwinterung: Sie überwintern in Afrika zwischen dem südlichen Rand der Sahara und Südafrika. In Afrika überwintern die Mehlschwalben in den gebirgigen Regionen. Die Tiefebenen und die regenarmen Gebiete werden gemieden. 

Nur selten werden die Schwalben in großen Zahlen angetroffen. Große Ansammlungen von einigen hundert bis zu mehreren tausend Schwalben entstehen jedoch bei besonderes guter Nahrungssituation, so z.B. bei großen Buschfeuern,  die sehr viele Insekten aufscheuchen. 
 

Nahrung: Die Mehlschwalben fangen ihre Nahrung fast ausschließlich in der Luft. Sehr selten wird die Nahrung am Boden oder auf Bäumen sitzend aufgepickt oder im Rüttelflug an Mauern oder Felswänden erbeutet. Bei schlechtem Wetter jagen die Schwalben oft über Gewässern. 

Die Beutetiere sind vorwiegend Blattläuse, Mücken und Fliegen,  aber auch Wasserinsekten, Käfer, Hautflügler und Schmetterlinge. Manchmal werden auch Spinnen und noch seltener am Boden lebende Insekten gefangen. Insekten mit Stacheln,  wie Bienen und Wespen,  werden nicht erbeutet. Die Jagd findet oft in größeren Gruppen auch zusammen mit Rauchschwalben statt. 
 

Quellen:

Bosselmann, J. u.a. (1998), Pflanzen und Tiere in Rheinland-Pfalz, Sonderheft IV, Mayen

Glutz von Blotzheim, U.N. & K.M. Bauer (1985): Handbuch der Vögel Mitteleuropas Bd. 10/1, Wiesbaden

Menzel, Heinz (1996): Die Mehlschwalbe, Delichion urbica, Magdeburg 

Alle anderen zitierten Quellen wurden diesen Werken entnommen.